Hier der Beweis für meinen Wahnsinn. |
Wenigstens habe ich endlich mal einen Titel gefunden. Den werde ich aber nicht verraten! =)
Man nehme dieses ätherische Öl... |
Das ist alles, woran ich in letzter Zeit gearbeitet habe, war, wie gesagt, das. Immerhin habe ich jetzt schon 20 Seiten bloße Planung und bin noch kein Stück mit der Handlung voran gekommen. Vermutlich werde ich noch einmal ganz von vorne anfangen müssen (och nö), aber egal, wenn's dann besser wird, soll's mir recht sein.
Dafür gibt es mal den Anfang einer Geschichte, die ich vor 3 Jahren angefangen habe und die einzige meiner Ideen ist, die in unserer Welt spielt und in der Ich-Perspektive geschrieben ist. Dazu sage ich nur: Einmal und nie wieder. Aber urteilt selbst!
... gibt 6 Tropfen in dieses Wasserbecken und zündet die Kerze drunter an. Tadaa! |
Der
Sekundenzeiger näherte sich der zwölf, und ich hatte mich immer noch nicht
entschieden, ob er unerträglich langsam oder unerträglich schnell auf dem Zifferblatt
dahinglitt.
Da.
Direkt auf die Zwölf. So schnell vergehen keine zehn Sekunden. Seufzend stützte
ich das Kinn auf die rechte Handfläche und verfolgte den Zeiger mit
zusammengekniffen Augen. Jetzt war er schon auf der Zwei. Das konnte doch gar
nicht sein.
Innerlich
stöhnte ich entsetzt auf. Also war er einfach nur unerträglich schnell, was für
mich einfach unbegreiflich war. Normalerweise waren die Unterrichtsstunden bei
Mrs Saltstone wie ein gekauter Kaugummi, der gezogen wurde – immer länger und
länger. Erneut landete ich bei der Frage, wie eine so alte, fiese Hexe
überhaupt Mrs heißen konnte. Noch dazu hatte sie zwei Kinder. Wie deprimierend
ist das denn bitte?
Der
knallrote Zeiger der Uhr landete bei der Sechs. Langsam bekam ich Panik. Nicht,
dass ich mir den Vortrag über die Möglichkeiten, die einem offen standen, wenn
man Französisch sprach, weiter anhören wollte. Genau gesagt hatte ich die
letzte halbe Stunde verpasst und sie lieber mit Galgenmännchen, Käsekästchen
und Schiffe versenken verbracht. Auch wenn ich bei allen Spielen gegen meine
Sitznachbarin und beste Freundin Jenny immer verlor.
Sie
hatte ihre Sachen bereits schon gepackt, in ihrem giftgrünen Rucksack verstaut
und strich sich mit den Fingern durch ihre langen, glatten Haare, um die ich
sie Zeit meines Lebens beneiden würde. Meine braunen Locken taten nie das, was
ich wollte. Noch dazu war braun die langweiligste Haarfarbe die es gab. Dagegen
stach Jenny mit ihrem ungefärbten Feuerrot stark aus der Menge. Dass das ihre
natürliche Haarfarbe war, war kaum zu glauben.
Inzwischen
war der Zeiger auf der Neun. Ich vergrub meine Finger in meinem Mäppchen und
hörte, wie die Stifte mit einem seltsam hellen Klirren aufeinanderprallten. Das
klang nicht nach Holz auf Holz, eher nach brechendem Metall. „Shit!“, fluchte
ich leise und riss den Reisverschluss auf. Jetzt hatte ich es tatsächlich zum
dritten Mal in dieser Woche geschafft, den Kugelschreiber zu töten. Die Feder
und Verschlusskappe flogen lose herum, die Mine lag zerbrochen auf dem Boden
des Mäppchens, und der Rest war auch nicht mehr heil. Wie zum Teufel schaffte
ich das immer?
Das
erste Mal war ich draufgetreten, das war noch verständlich. Beim zweiten
Mal…hatte ich ihn unter Wasser gehalten. Glaube ich. Den Grund hatte ich schon
wieder vergessen, obwohl das erst drei Tage her war. Und jetzt das. Zum Glück
war heute Freitag, sonst hätte ich ein ernstes Problem.
Neugierig
lugte Jenny mir über die Schulter. „Hm.“
„Was
‚hm‘?“
„Der
dritte, oder?“
„Leider.“
„Zum
Glück ist heute Freitag.“
„Du
sagst es.“ Freitag war mein Lieblingstag, zwei herrliche Tage frei, man konnte
machen was man wollte…
Der
Regen, der gegen das Fenster peitschte, schreckte mich aus den Tagträumen. Es
war mitten im April, das Wetter spielte in letzter Zeit richtig verrückt. Sogar
die Wetterfrösche im Fernsehen hatten Schwierigkeiten, es richtig
vorherzusagen. Am besten fand ich den Satz von gestern: „Die Wettervorhersage
fällt heute aus unbekannten Gründen aus. Ihnen allen noch einen schönen Abend.“
Aus
unbekannten Gründen, aha. Die Moderatoren konnten auch einfach nicht zugeben,
dass sie etwas nicht wussten.
Mein
Blick wanderte wieder zur Uhr. Inzwischen war eine weitere Minute vergangen.
Noch zwei. „Das kann doch gar nicht sein!“, rutschte es mir eine Spur zu laut
heraus. Die ganze Klasse drehte sich zu mir um und begann, zu kichern.
„Was
kann nicht sein, Scarlett?“, fragte Mrs Saltstone höflich nach und schob sich
diese grauenvolle Hornbrille mit diesen riesigen Brillengläsern noch höher auf
die Nase, wobei sie mit dem Kreidestück in ihrer Hand gekonnt einen weißen
Striemen auf den schwarzen Kragen ihrer Bluse hinterließ.
„Äh…nichts?“,
versuchte, ich mich zu retten.
Mrs
Saltstone nickte nur und blickte wie ich hoch zur Uhr. „Da Scarlett uns ja so
gekonnt unterbrochen hat…“ Nein, bitte
nicht! Nicht früher raus lassen, das können sie mir doch nicht antun! In
Gedanken schrie und flehte ich die Lehrerin gleichzeitig an, aber es half
nichts; „…kann ich euch genauso gut früher gehen lassen. Schönes Wochenende.“
„Nein!“
Entgeistert sank ich auf meinen Stuhl, während Jenny geistesgegenwärtig anfing,
meine Sachen zu packen. „Sieh’s doch mal positiv“, sagte sie, als das Mäppchen
mit dem kaputten Kugelschreiber in meine Tasche wanderte, „wenn du dich
beeilst, siehst du ihn nicht.“
Das
war ein Wort. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf, schmiss dabei
meinen Stuhl um, den ich mit hochrotem Kopf wieder aufstellte, schnappte mir
meine gepackte Tasche und hechtete aus dem Klassenraum, Jenny knapp hinter mir.
Auf
dem Gang jedoch bremste ich so abrupt ab, dass sie beinahe mit mir
zusammengestoßen wäre, wäre sie nicht schnell ausgewichen. Hinter der
schnatternden Schülerschar konnte ich ganz klar eine hochgewachsene, blonde
Gestalt ausmachen. „Wieso ist der heute schon wieder da? Das-das geht nicht,
das können die nicht machen!“ Wie immer, wenn ich mich aufregte, schraubte sich
meine Stimme ein paar Tonlagen nach oben. „Wie viele Götter gibt es eigentlich?
Und die können doch nicht alle etwas gegen mich haben!“, piepste ich nach
hinten. Nur Jenny stand da nicht mehr. Stattdessen starrte mich David,
Möchtegerngangster vom Dienst, erstaunt an. „Was?“
Nein,
das war heute definitiv nicht mein Tag. Und dabei war es gerade mal ein Uhr
mittags. „Nichts!“ Ich schlängelte mich
nach vorne und schaute mich um nach Jenny. Dabei machte ich den Kardinalsfehler
– ich stellte mich auf Zehenspitzen.
Aus
den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass mich die blonde Gestalt gesichtet
hatte. Schnell rannte ich in die entgegengesetzte Richtung. Allerdings läutete
natürlich genau in diesem Moment die Glocke, Völkerscharen von Schülern
strömten auf die Gänge der Schule und schoben mich wieder zurück. In einem
letzten, hoffnungslosen Versuch zog ich mir die Kapuze meiner grauen Sweatjacke
über den Kopf, strich mir meine Haare nach vorne und hielt mir zur Sicherheit
noch so gut es ging die Hand vor dem Kopf. Ich konnte nur hoffen, dass er mich
nicht sah, aber davon gab es wenig. Wenn Patrick MacRichards mich einmal
gesehen hatte, ließ er mich nicht mehr aus den Augen. Jedenfalls, bis er seinen
neuesten Spruch gesagt hatte. Plötzlich fragte ich mich, ob er abends an seinem
Schreibtisch saß und sich eine Liste machte.
Entweder
wurde ich langsam paranoid, oder er stand tatsächlich hinter mir. Jedenfalls
bekam ich Atemnot und Herzrasen. Oh nein!
Wütend nahm ich die Hand runter. Heute
machst du mich nicht fertig. Ich atmete tief durch, visierte die
Ausgangstür an und spurtete los, sprang unterwegs über einige Rucksäcke und
Stühle – keine Ahnung, warum die hier auf dem Gang herumstanden – und preschte
durch die Eingangstür, als wäre der Teufel selbst hinter mir her gewesen. Im
Grunde war er das ja auch.
Sobald
ich draußen stand, bereute ich meine Entscheidung schon wieder. Spätestens
dann, als mir der eiskalte Regen sofort ins Gesicht wehte. Innerhalb von einer
Minute war ich nass bis auf die Haut, kalt war mir dazu auch noch. Das war so
typisch mein Glück.
Ich
rannte in die Richtung, in der ich die Schulbusse vermutete, sehen konnte ich bei dem Wetter rein gar
nichts. Noch nicht einmal meine Jacke hatte ich angezogen. Die ruhte jetzt
immer noch in einem Schließfach im zweiten Stock.
Langsam
wünschte ich mir, ich hätte mir den Spruch von Patrick einfach angehört. Dann
stände ich jetzt immer noch in der warmen Schule, würde mich mit Jenny über ihn
auslassen und mit ihr warten, bis der Regen aufhören würde. Selbst, wenn er
mich nicht ansprach, versaute er mir meinen Tag.
Wenn
er wenigstens hässlich gewesen wäre. Oder klein. Dann wäre es ja noch
einigermaßen erträglich gewesen. Aber natürlich war er das nicht. Noch dazu war
er ein Jahr älter als ich, überragte mich um mindestens einen Kopf und hatte
das typische gute Aussehen der Reichen und Schönen, wie es doch immer heißt.
Blonde Haare, braune Augen. Perfekte Nase, perfekter Mund, sogar seine Zähne
waren perfekt – hell und gerade, ohne Zahnspange. Zumindest hatte ich ihn noch
nie mit einer gesehen.
Ich
weiß nicht mehr, wann oder wie das ganze angefangen hatte. Wirklich, beim
besten Willen, ich wusste es nicht. Vielleicht lag es einfach nur daran, dass
er reich war und ich nicht. Aber von denen gab es viele – nicht reiche, meine
ich. Jedenfalls habe ich ihm nie etwas getan. Wenigstens nicht absichtlich,
aber wer wusste schon, wie dieser Typ tickte.
Die
ganze Woche war er krank gewesen, sodass ich wenigstens für vier himmlische
Tage das Schulgebäude betrete konnte, ohne mich nervös umzuschauen. Kaum zu
glauben, dass ich heute Morgen noch so euphorisch gedacht hatte, er wäre auch
die nächste Woche krank. Heute Morgen hatten mich nur Jenny, der verspätete
Busfahrer und eine merkwürdig aussehende Katze vor einer weiteren unangenehmen
Begegnung gerettet, als ich schon voller Vorfreude in die riesige Halle der
Schule spaziert war und genauso schnell wieder auf den Boden der Tatsachen gelandet
war, als ich ihn gesehen hatte.
Das
Schlimme an ihm war: er sagte nur Sachen, die total unpersönlich waren, also
konnte man es auf gar keinen Fall als Mobbing bezeichnen. Er machte sich nur
lustig über mich, mit Sprüchen wie: „Heute überhaupt aus dem Bett gekommen? Du
siehst so verschlafen aus…“ Mit seinem Lachen in der Stimme war das noch
bissiger, als wenn er sich über meinen Klamottenstil ausgelassen hätte. Aber
ich regte mich nicht auf, diesen letzten Rest Würde bewahrte ich mir noch. Ich
sagte meistens einfach gar nichts oder zeigte ihm meinen Mittelfinger.
Die
Busse waren (wie sollte es auch anders sein) restlos überfüllt, gerade, als ich
dort ankam, schlossen die Fahrer schon die Türen. Das Problem an dieser Schule
war einfach, dass sie außerhalb lag. Nicht in der Stadtmitte, außerhalb. Das
bedeutete gleichzeitig, dass man seine Ruhe hatte, aber auch zu wenig Busse,
und wenn man dort keinen Platz bekam, durfte man die fünf Kilometer bis zur
nächsten U-Bahn Station laufen. Na herzlichen Dank, Schicksal. Alle Busse
fuhren los, die Straße entlang, an einem pechschwarzen Mercedes Benz vorbei,
auf den Patrick MacRichards gerade mit hochgeschlagenem Mantelkragen schnellen
Schrittes zuging. Hastig drehte ich mich weg, bevor er mich doch noch sehen konnte.
Normalerweise
hatte ich nichts gegen Regen – solange er draußen war und ich drinnen. Dann machte ich mir immer
Popcorn in der Mikrowelle und legte einen richtig guten Film ein. Eigentlich
war es immer der gleiche Film, es hatte schon Tradition, eben diesen Film an
Regentagen anzuschauen: Das A-Team mit
Bradley Cooper. Diesen Film könnte ich tausendmal anschauen, besonders die
Stelle, in der sie aus dem Gefängnis ausbrechen. Ich liebe diesen Film einfach.
Meine
Finger begannen, taub zu werden, als ein anderes Auto die Straße entlangkam, in
einer gewagten Kurve wendete und vor mir hielt. Grinsend öffnete ich die
Beifahrertür. Den dunkelblauen BMW würde ich jederzeit erkennen. „Du bist
einfach die Beste.“
„Steig
ein, es regnet, verdammt noch mal!“ Doch auch Mia grinste, als sie nach hinten
griff und ein riesiges, weißes Plüschhandtuch auf dem Beifahrersitz
ausbreitete. Dankbar ließ ich mich darauf sinken, hinein in den warmen Strom
der Klimaanlage. „Ich liebe die moderne Technik.“
„Da
du geraume Zeit im Regen standest“ – Mia lehnte sich über mich, tastete nach
dem Griff der Tür und zog sie zu – „werde ich dir verzeihen, dass du Charlie
überflutest.“
Charlie
war Mias Auto. Und in diesem Moment mein bester Freund. „Danke, Charlie.“ Mia
lachte, schaltete die Gänge um und trat mit dem gesamten Fuß auf das Gaspedal.
Charlie machte einen Satz nach vorne und rammte beinahe den schwarzen Mercedes
vor uns. Erschrocken krallte ich mich am Sitz fest.
„Ups“,
machte Mia, „Sorry!“ Sie löste die Handbremse und fuhr dann in einem
langsameren Tempo weiter. „Bist du jetzt wenigstens wach?“
Ich
nickte mit aufgerissenen Augen. „Noch so einen Schock brauche ich nicht noch
einmal.“
„Schade…“ Lachend steuerte Mia Charlie durch die
Schulbusse hindurch. Im Fahren war sie ein Ass. „Ich denke nicht, dass es dir
etwas ausgemacht hätte, wenn wir den Mercedes tatsächlich gerammt hätten,
oder?“ Ich zuckte mit den Schultern und blieb ihr die Antwort schuldig.
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